Wenn man beruflich mit Fotos zu tun hat rauschen jeden Tag unglaublich viele Fotos durch den Kopf. Fotos aus Kundenprojekten, aus Portraitsessions und aus den vielen externen Quellen wie Social Media und Websites. Zumindest mir geht es so. Aber auch wenn man beruflich den Schwerpunkt in einer anderen Branche hat, wird man mit Bildern bombardiert.

Mal ehrlich, welche Fotos der letzten zwei Wochen blieben dir in Erinnerung? Und wie wenig sind das im Verhältnis zu den gesehenen? Ich denke, das ist auch gut so, je weniger im Kopf bleiben umso besser, denn ich bin der überzeugten Meinung, dass unser Gedächtnis keine unbegrenzte Speicherkapazität besitzt und je mehr sich die Festplatte im Kopf füllt, desto weniger leicht fällt es uns den Überblick zu behalten.

Wie kommt es dazu? Der Mensch wurde visuell trainiert, von Kindheit an, wissen wir wie ein perfektes Frühstück auszusehen hat, welche Art von Traumstränden uns glücklich zu machen haben und welche Formen von Dingen uns schmeicheln. Diese Attraktoren sind eigentlich von ganz wenigen Parametern gesteuert von Farben, Formen, Kontrasten und Bildkompositionen. Alle diese Parameter beherrscht die Werbebranche perfekt. Alles was im Fernsehen, in Magazinen und im Internet von Marketingagenturen präsentiert wird ist optisch fast immer zielsicher gestaltet.

Ein Foto von einem glücklichen Paar an einem Palmenstrand – wer hat das jetzt nicht vor Augen – erschien uns sicher schon tausende Male, ebenso Fotos von anderen perfekten Klischees, Familie beim Spaziergang, erfolgreicher Manager vor Firma, kreative Kinder beim Basteln, verführerische Frau im roten Kleid mit Drink in der Hand. Diese Bildmuster werden uns von der Werbung suggeriert, stimmig zu sein. Diesen Mustern eifern wir nach, je mehr wir von ihnen konsumieren, desto weniger fällt uns auf, dass dies bloß leere Hülsen sind, die keine Spur Authentizität besitzen. Sie sind vielmehr nur eine weitere Kopie der Bildstandards auf den die Werbung setzt, weil sie gar nichts anderes bietet.

Aber, warum fotografieren wir uns privat wie für ein Lifestyle-Magazin?

Gibt man in Instagram einen Ort, zum Beispiel München, als Auswahl ein, fällt einem schnell auf, dass sich gewisse Beiträge inhaltlich quasi wiederholen. Sie sind so ähnlich, sie könnten von der gleichen Person gemacht worden sein. Beispiel: junge Frau, Mitte 20, offenes Haar, makellose Haut, strahlende Augen, durchtrainierte Figur. Die ideale Frau für den idealen Mann, der sich fast genauso oft wiederholt: ebenfals duchtrainiert, braun gebräunt, vor Statussymbolen mit einem erfolgreichen Lächeln im Gesicht. Gibt man typische Reiseziele als Auswahl ein, erhält man die gleichen Bilder nur mit entsprechenden Locations im Hintergrund.

So ist unsere Welt eben, könnte man meinen, aber jeder kann es für sich auch anders machen. Braucht man wirklich das Standard-Selfie vor dem Eiffelturm oder auf Mykonos? Paris und diese griechische Insel sind noch immer wunderschöne Reiseziele, sind aber entwertet wenn man sie aus gleicher Perspektive abknippst oder sich selbst davor fotografiert oder mit den zur Zeit angesagten Filtern versieht. Wozu solche Ansichten erneut fotografieren? (Das hat schon Karl Valentin mal festgestellt in dem er sagte, „ja, es wurde schon alles fotografiert, aber noch nicht von jedem“).

Auf einer Reise könnte man sich fotografische Themen stellen, zum Beispiel den Eiffelturm nur in gespiegelten Flächen zu fotografieren, Kioske einer Stadt sind toll, Szenen im Regen. Frische Bilder entstammen von frischen Ideen, die findet man zur Anregung sogar in Mainstream-Medien wie Instagram, aber sie sind sehr dünn gestreut und haben meist wenige Follower.

Hände weg von Filtern im Handy, sie machen Fotos selten besser und diese Looks hat jeder auch vor der Nase, wenn er ein Handy hat. Fotografiert nicht euer Essen und wenn es noch so toll aussieht, nicht euere gebräunten Beine auf dem Fahrersitz eueres Autos, und nicht Gesichter mit Sonnenbrillen.

Geht eigene Wege. Ganz eigene.